Tinnitus-Behandlung: Was kann einen Tinnitus lindern?

Tinnitus Behandlung

Tinnitus, der lästige Begleiter mit ständigem Rauschen, Pfeifen oder Brummen im Ohr, kann eine enorme Belastung für den Alltag sein. Doch es gibt Hoffnung: Viele Menschen finden Erleichterung und lernen, mit dem Tinnitus besser umzugehen.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die verschiedenen Tinnitus-Typen und vor allem über die wirksamsten Behandlungsmöglichkeiten, die Ihnen helfen können, Ihre gewohnte Lebensqualität zurückzugewinnen.

Wussten Sie schon?

Tinnitus belastet in Deutschland etwa 15% der Bevölkerung.

Erste Schritte der Tinnitus-Behandlung

Wenn Sie plötzlich ein störendes Geräusch im Ohr bemerken, die nach wenigen Stunden nicht verschwinden, sollten Sie möglichst zeitnah Ihren HNO-Facharzt aufsuchen, um rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Die Chancen einer bestmöglichen Behandlung sind in der Akutphase – beispielsweise direkt nach einem lauten Konzert, einem Lärmtrauma oder einer starken psychischen Belastung – am größten. Ein Besuch beim Facharzt ist besonders wichtig, wenn der Tinnitus nach einem Hörsturz oder einer akuten Lärmbelastung aufgetreten ist.


Wie läuft die Behandlung beim Facharzt ab?

Zuerst wird der Facharzt schnell mögliche Ursachen wie Ohrentzündungen, Verstopfungen des Gehörgangs oder eine Wechselwirkung durch Einnahme bestimmter Medikamente erkennen. Wenn diese direkten Ursachen ausgeschlossen werden können, wird der Tinnitus weiter untersucht und die Symptome anhand verschiedener Fragebögen bewertet.

Anschließend wird der Facharzt eine geeignete Therapie empfehlen. Immer häufiger erfolgt auch eine Überweisung an einen spezialisierten Hörakustiker, um den Hörstatus umfassend zu beurteilen und die am besten geeignete Behandlung zu finden.

Wichtig zu wissen

Eine schnelle Behandlung innerhalb der ersten 24 Stunden kann dazu beitragen, die Symptome zu mildern und zu verhindern, dass aus einem akuten Tinnitus ein chronisches Ereignis wird.


Tinnitus-Arten und ihre Behandlungsmöglichkeiten

Akuter Tinnitus

Akuter Tinnitus tritt plötzlich auf und dauert meist nur wenige Stunden, Tage oder Wochen an. Er kann durch verschiedenste Faktoren ausgelöst werden, darunter Stress, Infektionen oder Lärmexposition. In den wenigsten Fällen ist das wahrgenommene Geräusch im Ohr mit einem tatsächlichen akustischen Signal verbunden. Oft verschwinden die Ohrgeräusche spontan (auch ohne Behandlung) oder wenn die verursachende Grunderkrankung behandelt wird.

Falls der Tinnitus in direktem Zusammenhang mit einem Hörsturz auftritt, empfehlen die HNO-ärztlichen Leitlinien verschiedene Behandlungen, z. B. eine Kortisontherapie, um die Heilung zu unterstützen.

Chronischer Tinnitus

Ein Tinnitus wird als chronisch bezeichnet, wenn er länger als drei Monate andauert. Obwohl er selten vollständig geheilt werden kann, gibt es gerade hier verschiedene Therapieansätze, um diese Belastung zu reduzieren:

  • Tinnitus-Aufklärung & Counselling

    Der erste Schritt in jedem Tinnitus-Behandlungsprogramm ist eine Beratung, in der Ihnen die exakte Diagnose erklärt, Bewältigungsstrategien vermittelt und Schritte zur Verringerung der Tinnitus-Belastung besprochen werden. In einer Studie der Charité und des Terzo-Instituts wurde sogar nachgewiesen, dass bereits eine reine Tinnitus-Beratung durch einen Experten dazu beitragen kann, Unsicherheiten zu verringern und die Belastung erheblich zu reduzieren.1

  • Gehörtherapie

    Eine Gehörtherapie umfasst verschiedene Behandlungsmethoden, die darauf abzielen, das Gehör zu stimulieren und dadurch die Wahrnehmung des Tinnitus zu verändern. Dazu werden speziell eingestellte Hörsysteme oder akustische Stimuli eingesetzt, um das Gehirn mit zusätzlichen Klangreizen zu versorgen und so die störenden Tinnitusgeräusche in den Hintergrund zu rücken. Beispiele sind:

    • Die Notch-Therapie verstärkt gezielt bestimmte Frequenzen, sodass das Gehirn lernt, das störende Geräusch in den Hintergrund zu drängen. Diese Therapieform konzentriert sich auf die Anpassung von Frequenzen im Klangbereich des Tinnitus und ist bei einem tonalen Tinnitus sinnvoll einsetzbar – also wenn ein Patient Pfeifen oder Piepen in einer bestimmten Frequenz hört, statt nur ein Summen, Knacken etc.

    • Die Terzo-Therapie kombiniert speziell entwickelte Tinnitus-Systeme und Anpassmethoden, die das Gehör aktivieren und akustische Reize bieten, mit einer umfassenderen audiologischen Intervention. Sie fokussiert sich auf die Linderung tinnitusbedingten Stresses und verbessert gleichzeitig das Hören, insbesondere bei Patienten mit Hörverlust.1
  • Tinnitus Retraining Therapy (TRT)

    TRT ist eine bewährte Methode zur Linderung chronischen Tinnitus. Hierbei handelt es sich um ein intensives Training, bei dem das Gehirn „lernt“, den Tinnitus weniger wahrzunehmen. Dafür werden verschiedene Rauscharten eingesetzt, die den Pegel des Tinnitus abmildern sollen. Zu diesem Thema gibt es jedoch nur wenige wissenschaftliche Publikationen.

  • Psychologische Unterstützung

    Für viele Betroffene ist der Umgang mit Tinnitus psychisch belastend. Eine tinnitusspezifische Psychotherapie kann helfen, die Belastung durch den Tinnitus zu verringern und das Leben trotz der Symptome wieder zu genießen. Ziel der Therapie ist es, die Aufmerksamkeit gezielt vom Tinnitus abzulenken. Dies geschieht durch Aufklärung und Techniken, die das Ohrgeräusch aus dem aktiven Fokus des Patienten nehmen.


Therapien ohne belegte Wirksamkeit

  • Soundtherapie & Noiser

    Die Verwendung von „Noisern“, die Geräusche erzeugen, um den Tinnitus zu überdecken, wird mittlerweile immer seltener empfohlen. Auch spezialisierte Soundtherapien zeigen kaum eine langfristige Wirksamkeit, die über die eines Placebos hinausgeht, und gelten daher nicht mehr als erste Wahl in der Tinnitusbehandlung.

  • Neuromodulation

    Neue Technologien wie transkranielle Magnetstimulation (rTMS) oder vagusnervbasierte Stimulation werden derzeit erforscht, haben jedoch bisher keine eindeutigen Erfolge erzielt.

  • Medikamentöse Behandlungen

    Bisher hat sich noch kein spezifisches Medikament als wirksam für die direkte Behandlung von chronischem Tinnitus erwiesen. Allerdings können Medikamente zur Linderung von Begleitsymptomen wie Angstzuständen oder Schlafproblemen eingesetzt werden.

  • Nahrungsergänzungsmittel

    Einige Studien deuten darauf hin, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium, B12 und Eisen die negativen Auswirkungen von Tinnitus lindern können. Weitere Forschungen sind jedoch notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen. Es kann dennoch hilfreich sein, individuelle Auslöser wie bestimmte Lebensmittel zu identifizieren und zu vermeiden.

  • Chiropraktik & Physiotherapie

    In spezifischen Fällen kann Chiropraktik oder Physiotherapie hilfreich sein, wenn die Halswirbelsäule, die Funktion des Kiefergelenks sowie muskuläre Triggerpunkte oder Dysbalancen betroffen sind. Die Häufigkeit einer solchen Beteiligung ist jedoch selten.

Alltägliche Maßnahmen zur Tinnitus-Unterstützung

  • Vermeiden Sie absolute Stille

    Tinnitus kann in absoluter Stille oft stärker wahrgenommen werden. Leichte Hintergrundgeräusche wie ein Ventilator, ein leises Radio oder entspannende Musik können helfen, die Geräusche zu überdecken und den Tinnitus in den Hintergrund zu drängen.

  • Stressbewältigung und Entspannungstechniken

    Stress und Anspannung können Tinnitus verstärken. Regelmäßige Entspannungsübungen wie Yoga, Atemübungen oder Meditation können dazu beitragen, das Nervensystem zu beruhigen und die Tinnitus-Symptome zu lindern.

  • Achten Sie auf eine gesunde Lebensweise

    Ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung, gesunder Ernährung und einem regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus kann das allgemeine Wohlbefinden verbessern und die Wahrnehmung von Tinnitus verringern.

  • Korrektur von Fehlhaltungen und Muskelverspannungen

    In einigen Fällen kann Tinnitus durch Verspannungen im Nacken- oder Kieferbereich verursacht oder verschlimmert werden. Physiotherapie, gezielte Massagen oder manuelle Therapien können bei bestimmten Arten von Tinnitus helfen, die durch muskuläre Probleme verursacht werden.

Wie Sie Ihren Tinnitus langfristig bewältigen können

Auch wenn Tinnitus bisher nicht vollständig heilbar ist, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Belastung zu reduzieren und die Lebensqualität wiederherzustellen. Die richtige Therapie hängt von der Art des Tinnitus, den individuellen Ursachen und den persönlichen Bedürfnissen ab.

Wenn Ihr Tinnitus durch Hörverlust oder einen akuten Hörsturz verursacht wurde, beraten wie Sie gerne in einer unserer spezialisierten Filialen und geben Ihnen die Möglichkeit unverbindlich die Nutzung von Hörsystemen gegen Tinnitus im Alltag zu testen.

Gut zu wissen: Nicht jedes Hörsystem hilft! Gerade bei einer Tinnitusbelastung ist die Wahl der Anpassmethode, die exakte Wahl des Gerätes und ein exakt eingemessener Frequenzgang der Geräte entscheidend für den positiven Verlauf. Unser Ziel ist es die Wahrnehmung des Tinnitus während der Nutzung der Systeme und auch danach maximal zu lindern. Für dieses Vorgehen sind die Mitarbeiter bei Gerland ausgebildet.

Bei allen komplexeren Fällen, bei denen insbesondere die Ursache ungeklärt ist, empfehlen wir einen Besuch im Tinnitus Care Berlin oder die Nutzung von Ressourcen wie der Deutschen Tinnitus-Liga sowie der Deutschen Stiftung Tinnitus und Hören Charité.

Hinweis:

Unsere Website bietet informative Inhalte, ersetzt jedoch nicht den Rat eines qualifizierten Arztes. Bei anhaltenden oder starken Beschwerden suchen Sie bitte umgehend medizinische Hilfe auf.

Quellen:

1. Boecking, B.; Rausch, L.; Psatha, S.; Nyamaa, A.; Dettling-Papargyris, J.; Funk, C.; Brueggemann, P.; Rose, M.; Mazurek, B. Hearing Therapy Improves Tinnitus-Related Distress in Mildly Distressed Patients with Chronic Tinnitus and Mild-to-Moderate Hearing Loss: A Randomized-Controlled Cross-Over Design. J. Clin. Med. 202211, 1764. https://doi.org/10.3390/jcm11071764